Brief der Bundesvorsitzenden: Das Afrikakonzept des BMEL

Liebe Mitglieder und Freunde des Bundesnetzwerks TANG,

The African Network of Germany war in der vergangenen Woche auf verschiedenen politischen Plattformen aktiv. Auf Einladung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) diskutierten wir über die Grundzüge des neuen Afrikakonzepts des Ministeriums, das sich für eine moderne, nachhaltige Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent einsetzt. Wir waren uns einig, dass der Landwirtschaftssektor der Schlüssel im Kampf gegen Hunger und Armut auf dem afrikanischen Kontinent ist. Dort sind ausreichend geeignete Flächen für Ackerbau und Viehzucht, günstige Klimabedingungen und viele Arbeitskräfte vorhanden.

Es gibt aber auch zahlreiche Herausforderungen: das Bewässerungssystem, die Logistik oder die Expansion der EU-Nahrungsindustrie nach Afrika. Die massiv subventionierte EU-Überproduktion von Milch, Fleisch und Gemüse ruiniert die Existenz von vielen kleinen Bäuerinnen und Bauern in Afrika. Afrika hat Potential: Die Demokratische Republik Kongo (Kongo Kinshasa) verfügt zum Beispiel über 80 Millionen Hektar Ackerfläche. Lediglich 10 Prozent davon wird landwirtschaftlich genutzt. Dabei bestätigen Studien, dass die Nutzung von diesen 80 Millionen Hektar ausreichen würde, um die Bevölkerung des gesamten afrikanischen Kontinents mit Nahrungsmitteln zu versorgen.  Deshalb müssen wir die afrikanischen Länder unterstützen, damit sie ihre landwirtschaftlichen Flächen nutzen können.

Bislang arbeitet das Landwirtschaftsministerium mit der Afrikanischen Union, der Europäischen Union, der WHO und mit Vertretern der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zusammen. Die Rolle der afrikanischen Diaspora in Deutschland wird aber nicht erwähnt. Dabei leben in Deutschland ein Million Menschen mit afrikanischen Wurzeln. Sie haben Zugang zu den Bäuerinnen und Bauern in ihren Herkunftsländern. Sie sind im Bereich Landwirtschaft engagiert und sie entwickeln innovative Lösungen. So wie jener Ingenieur, der im Rahmen des TANG-Projekts „Mein EZ-Projekt – Schritt für für Schritt“ eine Drohne zur Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen in Afrika vorstellte. Solche innovativen Lösungen und Best-Practice-Beispiele müssen in das Afrikakonzept einfließen. Es freut uns deshalb sehr, dass das BMEL eine Zusammenarbeit mit der afrikanischen Diaspora in Deutschland zugesagt hat.

Wie soll das künftige europäische Asylsystem aussehen? Was kann die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Migration und Flucht ausrichten? Das waren die Leitfragen beim Workshop „Flucht, Governance, Menschenrechte“, den das Centre for Human Rights Erlangen-Nürnberg mit renommierten WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen bei einem virtuellen Workshop in der vergangenen Woche ausrichtete.  Als einzige Migrantenorganisation war das Bundesnetzwerk TANG auf dem Podium vertreten. Wir wiesen darauf hin, dass die ärmsten Staaten bereits heute weltweit die meisten Schutzsuchenden aufnehmen. 84 Prozent der Flüchtlinge befinden sich laut UNHCR im globalen Süden. Ebenso wichtig war uns die Forderung nach europäischen Standards für eine menschenwürdigen und nachhaltige Rückkehrpolitik. Die Abschiebepraxen der vergangenen Jahre sind inakzeptabel. Zudem braucht es mehr Möglichkeiten für eine reguläre Zuwanderung vom afrikanischen Kontinent – sei es in Form von Visa für Ausbildung und Studium, sei es für eine zeitlich begrenzte Arbeitsaufnahme oder sei es über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Weiterhin muss mehr für die Bekämpfung von Fluchtursachen getan werden.

Allen ist klar: Dublin ist gescheitert. Deutschland muss deshalb in den kommenden 6 Monaten seiner EU-Präsidentschaft alles daransetzen, dass ein flexibles Verteilungssystem geschaffen wird zwischen jenen Ländern, die offen für die Aufnahme von Geflüchteten sind, und jenen, die derzeit in einer Blockadehaltung verharren. Sie müssen sich entweder finanziell beteiligen oder Personal für Frontex stellen.

Bei der kontrovers diskutierten Studie zum Racial Profiling ist noch keine Entscheidung gefallen. Wir begrüßen es sehr, dass nun auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, eine entsprechende Untersuchung fordert.

Unsere Position ist bekannt, die ich auch in der Phoenix Runde vertreten habe, ist bekannt: In der afrikanischen Community in Deutschland gibt es wohl kaum jemanden, der nicht schon ohne Anlass von der Polizei kontrolliert wurde. Wir bekommen fast täglich Rückmeldungen von Schwarzen Menschen, die den Eindruck haben, dass sie allein wegen ihrer Hautfarbe kontrolliert worden sind. Um unserer Forderung nach einer Studie Nachdruck zu verleihen, sammeln wir Ihre Erlebnisse mit Racial Profiling. Ich möchte alle Mitglieder der afrikanischen Community in Deutschland einladen, uns Ihre Erfahrungen mit Racial Profiling per Mail an info@tang-ev.de zu schicken. Schreiben Sie uns auf Deutsch, Englisch, Französisch oder Arabisch! Schildern Sie uns, was sie erlebt haben!! Wir sammeln Ihre Berichte, um starke Argumente für die politische Auseinandersetzung zu haben!!!  Selbstverständlich werden Ihr Berichte anonymisiert.

Falls Sie die Diskussionsrunde von Phoenix zum Thema „Hat die Polizei ein Rassismusproblem?“ nicht gesehen haben, das ist der Link.

https://www.facebook.com/watch/live/?v=1604325709727408&ref=watch_permalink

Das Thema Rassismus gegen Schwarze Menschen war auch Thema beim virtuellen Landesnetzwerktreffen von TANG in Sachsen-Anhalt am vergangenen Wochenende. Noel Kaboré, der Landesvorsitzende von TANG Sachsen-Anhalt, berichtete von den Erfahrungen vor Ort. Am 25. Juli, von 16 bis 20 Uhr,   findet in Halle die Veranstaltung „Musik gegen Rassimus“ statt. Ein weiteres Thema war die Gewinnung von Eltern mit afrikanischen Wurzeln für das dortige Elternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung und Teilhabe.

Mit freundlichen Grüßen – und bleiben Sie gesund

Dr. Sylvie Nantcha

Bundesvorsitzende von TANG