Unsere Stimme im Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus

Liebe Mitglieder und Freunde von TANG,

wir sind wieder an Bord und starten nach unseren Betriebsferien voller Elan in das zweite Halbjahr. Das Thema Rassismus gegen Schwarze Menschen steht auch in den kommenden Wochen auf unserer Agenda. Am 20. August stellte ich unsere Forderungen zum Anti-Schwarzen-Rassismus bei der bei der Voranhörung im Rahmen des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vor. Am 2. September gehörte ich zum ausgewählten Kreis von 20 VertreterInnen von Migrantenorganisationen, Zivilgesellschaft, Betroffenenorganisationen und Wissenschaft, die ihre Forderungen zur Bekämpfung von Rassismus gegen Schwarze Menschen im Kabinettsausschuss vorstellen und erläutern durfte.

Als Vertreterin der afrikanischen Community in Deutschland – in unserem Land leben mehr als eine Million Menschen mit afrikanischer Herkunft – weiß ich, dass Diskriminierung und rassistische Belästigungen für Schwarze Menschen in Deutschland eine alltägliche Erfahrung sind.

Rassismus gegen Schwarze Menschen zeigt sich nicht nur bei Gewalt, Hass und Hetze von Rechtsradikalen. Rassismus sind auch die tagtäglichen Abwertungen und Ausgrenzungen: Bei der Suche nach einem Ausbildungs- und Arbeitsplatz, bei der Suche nach einer Wohnung, in der Schule, beim Sport, beim Einkaufen, auf der Straße.

Wie kann der Rassismus gegen Schwarze Menschen bekämpft werden?

  1. Wir fordern, dass die Bundesregierung den Anti-Schwarzen-Rassismus in Deutschland als Problem anerkennt, benennt und entschieden bekämpft. Wir haben schmerzlich vermisst, dass im ersten Bericht dieses Kabinettsausschusses der Rassismus gegen Schwarze Menschen nicht explizit benannt wurde.
  2. Wir fordern die Einrichtung eines Kompetenzzentrums mit einem mehrsprachigen Hilfetelefon als zentrale und unabhängige Anlaufstelle für Menschen, die Rassismus haben. Diese Anlaufstelle soll erste Hilfe für die Betroffenen anbieten und sie an die Beschwerdestellen vor Ort oder an die Zentrale Antidiskriminierungsstelle weiterleiten. Das Kompetenzzentrum soll wissenschaftlich arbeiten und die Meldungen von rassistischen Übergriffen und Erfahrungen standardisiert erfassen. So werden Daten und Fakten für ein Rassismus-Barometer/Monitoring gesammelt, die wissenschaftlich ausgewertet werden können. Da Rassismus eine Chefsache sein muss, soll dieses Kompetenzzentrum im Bundeskanzleramt verortet werden und fordern ein großes Empowerment-Programm für Betroffene.
  1. Der Kampf gegen Rassismus ist eine ständige Pflichtaufgabe. Deshalb brauchen wir eine/n Beauftragte/n für Integration, Migration und Anti-Rassismus mit Jahresberichtpflicht vor dem Bundestag, die/der im Bundeskanzleramt angesiedelt ist. Rassismus und Integration sind zwei Seiten einer Medaille.
  2. Nach dem Tod von George Floyds haben viele Schwarze Menschen ihre leidvollen Erfahrungen mit dem alltäglichen Rassismus in Deutschland geschildert. Diese Erfahrungsberichte ersetzen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Wir brauchen mehr Daten und Fakten zum Thema Rassismus gegen Schwarze Menschen. Deshalb fordern wir Studien und Forschungsprojekte zum Thema Racial Profiling bei der Polizei, zum Rassismus in der Schule und zur Mehrfachdiskriminierung von Schwarzen Menschen.
  3. Wir fordern, dass die Strafverfolgungsbehörden politisch motivierte Straftaten gegen Schwarze Menschen in der PMK-Statistik eigens erfassen und ausweisen. Das Themenfeld Hasskriminalität und Fremdenfeindlichkeit muss um die Kategorie „Rassismus gegen Schwarze Menschen“ ergänzt werden.
  4. Wir fordern die Streichung des Begriffs „Rasse“ aus Artikel 3 des Grundgesetzes. Es gibt keine Menschenrassen!

Unsere Position ist klar: Es reicht nicht, rassistisches Gedankengut zu verurteilen. Wir brauchen klare politische Maßnahmen, damit der Anti-Schwarze-Rassismus in Deutschland entschieden bekämpft werden kann. Aus zahlreichen Gesprächen mit Menschen afrikanischer Herkunft weiß ich, dass das Problem, nicht gesehen, nicht gehört und nicht anerkannt zu werden, viel größer ist, als es sich viele vorstellen können. Das Gefühl, mit einer Ungerechtigkeit allein gelassen zu gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir müssen die UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft endlich umsetzen. Wir sind Teil dieser Gesellschaft. Und wir verdienen es, als solche anerkannt zu werden.

Der im März eingerichtete Kabinettsausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus soll ressortübergreifend die Maßnahmen der Bundesregierung bündeln, begleiten und neue Ideen entwickeln. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) gehören ihm unter anderen Innenminister Horst Seehofer, Außenminister Heiko Maas, Finanzminister Olaf Scholz, Justizministerin Christine Lambrecht, Familienministerin Franziska Giffey, Verteidigungsministerin Annette Kramp-Karrenbauer, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, und Kulturstaatssekretärin Monika Grütters an. Erste Ergebnisse werden im Oktober erwartet, wenn der Ausschuss zu seiner dritten Sitzung zusammenkommt. Wir werden die Arbeit kritisch begleiten und sind jederzeit bereit, unseren Beitrag zu leisten.

Zum Thema Rassismus noch ein Hinweis in eigener Sache: Am Samstag, 5. September, startet um 10.30 unsere neue virtuelle Veranstaltungsreihe mit Professor Dr. Hugues Blaise Feret Pokos von der SRH Hochschule Hamm. Das Thema: Diskriminierung – Wie, warum und warum jetzt? Wir freuen uns, wenn Sie bei dieser Veranstaltung begrüßen dürfen

Mit freundlichen Grüßen – und bleiben Sie gesund

Dr. Sylvie Nantcha

Bundesvorsitzende von TANG