Podiumsdiskussion zum Thema „Rassismus im Kontext des Russland – Ukraine – Kriegs“

Am 21. März hat die Bundesvorsitzende, Frau Dr. Sylvie Nantcha, an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Rassismus im Kontext des Russland – Ukraine – Kriegs“ im Rahmen der Bildungswochen gegen Rassismus 2023 teilgenommen

Sie diskutierte auf dem Podium mit den folgenden Teilnehmenden:

• Dr. Karamba Diaby (Mitglied des deutschen Bundestages)

• Kazeem Ojoye (Vorsitzender der nigerianischen Community von Bayern e.V.)

• Kahbit Ebob Enow (Vorsitzende Tubman Network Deutschland)

• Femi Awoniyi (President Nigerians in Diaspora Organisation Germany und Inhaber des The African Courier” Verlag)

und

• Pfarrer Peter Kube (Vorstand des Rat der Religion Halle Saale)

Nachdem sich alle einen Film als Einführung in das Thema Flucht aus der Ukraine und Situation von BPoC Personen aus der Ukraine angeschaut hatten, stellte Frau Dr. Nantcha die Situation der afrikanischen Geflüchteten aus der Ukraine dar, wie wir sie bei unserer Aktion #evacuateafricansfromua erlebt haben, und zwar ihre rassistischen Erfahrungen vor Ort in der Ukraine und beim Transit nach Deutschland.

Frau Dr. Sylvie Nantcha mit einigen Gästen

Im Rahmen dieser Aktion haben wir eine 24 Stunden Ukraine Hotline installiert und mehr als 3500 Menschen aus der Ukraine begleitet, betreut und beraten. Wir haben eine Spendenaktion gestartet, mehr als 50 000 Euro Spenden gesammelt und 18 Busse gestartet, um mehr als 1000 Menschen aus der Ukraine zu evakuieren, sie in Deutschland zu empfangen, unterbringen und mit einem finanziellen Startguthaben zu unterstützen.
Zu einem späteren Zeitpunkt haben wir eine Umfrage mit IOM durchgeführt, um die Situation von afrikanischen Geflüchteten aus der Ukraine zu ermitteln. Die Ergebnisse dieser Umfrage waren mehr als eindeutig: Es gibt einen dringenden Handlungsbedarf in den folgenden Bereichen:
– Erhalt eines Aufenthaltstitels in Deutschland
– Möglichkeit das Studium in Deutschland fortzuführen
– Zugang zu einem Sprachkurs
– Zugang zum Wohnungsmarkt
– Zugang zur Gesundheitsvorsorge
– finanzielle Unterstützung
– Umgang mit Rassismus im Alltag.

Nachdem MdB Diaby Karamba die Gesetzeslage für Menschen aus der Ukraine vorstellte und die Bemühungen der Bundesregierung, um die Integration der Geflüchteten aus der Ukraine zu beschleunigen,  wurde über die Lücken der Gesetzeslage und die dringenden Handlungsbedarfe diskutiert.

Die Position von TANG stellte Dr. Sylvie Nantcha in 5 Punkten dar:

1. Geflüchtete aus der Ukraine haben dankt §24 des Aufenthaltsgesetzes einen Aufenthaltstitel für 2 Jahre bekommen, mit einem direkten und sofortigen Zugang zu allen Regelangeboten. Zeitgleich durften Drittstaatler d.h. afrikanische Studenten aus der Ukraine in Deutschland, laut Verordnung bis Mai 2022 und nach einer Verlängerung der Verordnung bis August 2022 in Deutschland bleiben.
2. Seit September 2022 sind sie mit unterschiedlichen Regelungen der 16 Bundesländer konfrontiert. Viele wurden abgeschoben, obwohl sie hier in Deutschland ihr Studium zu Ende führen wollen.
3. Obwohl sie vor demselben Krieg wie ukrainische Staatsangehörige geflohen sind und Schutz suchen, ist ihre derzeitige Situation von Unsicherheit, Diskriminierung und Willkür geprägt. Für sie müssen dringend langfristige und einheitliche aufenthaltsrechtliche Lösungen gefunden werden. Zudem sollte der Zugang zu Sprach- und Integrationskursen, Studienplätzen und Arbeit ermöglicht werden.
4. Derzeit befinden sich in Deutschland etwa 38.000 Geflüchtete aus der Ukraine ohne ukrainischen Pass. Da sie nicht wie ukrainische Staatsangehörige pauschal von der Anwendung der EU-Richtlinie 2001/55/EG zum vorübergehenden Schutz profitieren, die in Deutschland mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 AufenthG für zwei Jahre einhergeht, sind viele Menschen jetzt schon von Abschiebung bedroht. Bei anderen laufen bald Fiktionsbescheinigungen aus. Viele haben trotz Fiktionsbescheinigung keinen Zugang zu Krankenversicherung, Arbeitsmarkt oder Sozialleistungen. Das bedeutet, dass sie auf Hilfe angewiesen sind, nur um das allernötigste zum Leben zu kaufen. Wir als TANG unterstützen diese Studierende, indem wir sie wöchentlich mit Essensgeld versorgen.

Wir appellieren sowohl an die Bundesregierung, als auch an die Landesregierungen, diesen Menschen unverzüglich Zugang zu Krankenversicherung, Arbeitsmarkt und Sozialleistungen zu gewähren.
5. Viele von ihnen haben zwar die Möglichkeiten zum Zwecke des Studiums einen Aufenthaltstitel hier in Deutschland zu erlangen. Von ihnen wird aber verlangt, dass sie beweisen, dass sie ein Sperrkonto mit einem Guthaben in Höhe von 11.208 Euro verfügen, was für Kriegsgeflüchtete fast unmöglich ist. Wir fordern die Bundesregierung auf, eine einheitliche Regelung für alle Studierende aus der Ukraine ohne ukrainischen Pass zu finden. Möglichkeiten des Erhalts des Bafög oder der Fortführung des  Studiums müssen geschaffen werden. Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt muss gewährleistet werden. Diese Studierende, die alles im Krieg verloren haben, wünschen sich nichts anderes als ihr Studium in Deutschland zu beenden. Wir als TANG sind der Meinung, dass die Bundesregierung eine einheitliche Lösung für den schnellen Widereinstieg ins Studium schaffen sollte. Somit könnte auch Deutschland auf der Suche nach Fachkräften davon profitieren.

Es freut uns sehr, dass MdB Diaby Karamba sich bereit erklärt hat, sich für die Belange dieser Studierenden einzusetzen.

Wir als TANG werden weitere Bundestagsabgeordneten, zuständigen Bundesministerien und alle 16 Landesregierungen anschreiben, um unsere Forderungen zu übermitteln.