Corona: Vierte gemeinsame Sitzung von TANG und IOM

Die ganze Welt beschäftigt derzeit eine Frage: Wann gibt es wirkungsvolle Medikamente?  Wann existiert ein Impfstoff gegen das Coronavirus? Es gibt zahlreiche mögliche Impfstoffe, doch bis es soweit ist, müssen sie sich beweisen. Warum das dauern kann, erklärte Tamara Berberovic, IOM Chief Medical Officer, den gut 45 MentorInnen der afrikanischen Community bei der vierten und letzten gemeinsamen virtuellen Info-Session von TANG und IOM zum Thema „Community Support and Medical Information during COVID-19“.

Als Wissenschaftler schon wenige Tage nach der Bekanntgabe durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das virale Genom entschlüsselt und veröffentlicht hatten, war dies der Startschuss der für das Wettrennen um den ersten Impfstoff. Dabei setzen die Wissenschaftler derzeit auf neue Methoden. Sie wollen nicht mehr ein ganzes Virus verabreichen, sondern nur noch den Bauplan für die entscheidenden Virusstrukturen, mit denen das Immunsystem den Eindringling erkennt. Das Immunsystem kann es bekämpfen und Antikörper bilden.

Der Vorteil: Die neue Methode ist einfacher, schneller und mit ihr können im großen Stil Impfstoffe hergestellt werden. Dennoch sind verschiedene Phasen notwendig. Zunächst das Design des Impfstoffes in mehreren Studien auf der Agenda: Was vom Virus und welche Zusatzstoffe sollen enthalten sein.  Gibt dort es grünes Licht, testen die Forscher an Versuchstieren, ob der Impfstoff zu gesundheitsschädlichen oder gar tödlichen Nebenwirkungen führt.

Können solche Effekte ausgeschlossen werden, wird in einer Phase-1-Studie überprüft, ob auch Menschen den Impfstoff gut vertragen und ob das Immunsystem wie gewünscht auf den Impfstoff reagiert. Anschließend können Phase-1- und Phase 3-Studien begonnen werden. An ihnen nehmen mehrere hundert bis tausend Menschen teil. Die Studien sollen erneut nachweisen, dass der Impfstoff unbedenklich ist und gleichzeitig eine Immunreaktion Körper auslöst. Diese fortgeschrittenen Studien liefern auch Hinweise auf Dosierungen oder Unterschiede bei Geschlechts- und Altersunterschieden.

Erst nach Phase-3 dieses sehr komplexen und langwierigen Prozesses erfolgt die Zulassung des Impfstoffes. Arzneimittel und Medikamente, die vermarket werden, benötigen eine behördliche Genehmigung in Form einer nationalen Zulassung. Jedes Land hat dafür seine eigenen Behörden. In Deutschland sind dafür das Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verantwortlich. Die WHO genehmigt keine Impfstoffe, sie spricht lediglich Empfehlungen aus.

Klinische Versuche mit dem neuen Impfstoff werde es auf allen Kontinenten geben, sagte Tamara Berberovic. Das sei auch wichtig, weil jeder Kontinent eigene Genotyp-Strukturen habe, die berücksichtigt werden müssten. „Die Versuche sind nichts Schlechtes, wenn sie wissenschaftlich einwandfrei durchgeführt werden.“ So müsse zum Beispiel geklärt werden, wieviel Dosen Impfstoff benötigt werden, damit der Körper Antikörper bildet.

Ebenso wichtig die Suche nach einem Impfstoff seien die Tests, damit festgestellt werden kann, wie viele Menschen bereits COVID-19-Antikörper besitzen, damit die Statistik über handfeste Basis verfüge.

Tamara Berberovic ist nicht nur sehr zuversichtlich, dass ein Impfstoff gegen COVID-19 gefunden ist. Ihrer Meinung nach sind die Länder des afrikanischen Kontinents in einer besseren Ausgangslage als die Länder in Europa. „Die Menschen sind jung, sie haben ein anderes Mobilitätsverhalten.“

Forschungsinstitut und Unternehmen aus aller Welt arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Entwicklung von Medikamenten und mindestens 131 Impfstoffprojekten.  Wissenschaftler am Max-Planck-Institut in Potsdam untersuchen derzeit, ob sich mit Extrakten aus der Pflanze Artemisia auch das neuartige Coronavirus bekämpfen lässt. Diese Pflanze wird in Madagaskar und anderen afrikanischen Ländern als Mittel gegen COVID-19 gepriesen. Dazu bringen die Wissenschaftler in Hochsicherheitslabors die pflanzlichen Substanzen mit dem Virus zusammen. Sollte sich Artemisinin als wirksam herausstellen, müssten im Anschluss klinische Studien am Menschen stattfinden.

Einige Teilnehmer waren skeptisch, ob die Länder des Nordens überhaupt Interesse an den Forschungsergebnissen vom afrikanischen Kontinent haben.  Ihr Statement: „Wir wollen nicht länger kolonialisiert werden.“