SWR Medienforum Migration

Liebe Mitglieder und Freund*innen von TANG

ich hoffe Sie genießen die sommerlichen Temperaturen, und halten sich dennoch an die aktuellen Maßnahmen und Verordnungen der Bundes- und Landesregierungen.

17. SWR Medienforum Migration: Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft

Stuttgart. Vielfalt gehört zur Identität Deutschlands, muss aber noch selbstverständlicher werden. Darin waren sich die Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Kultur, Medien und Politik einig, die beim 17. SWR Medienforum Migration teilgenommen haben. Die Veranstaltung wurde am 15. und 16. Juni live aus dem Evangelischen Bildungszentrum Hospitalhof Stuttgart gestreamt. Insgesamt nahmen etwa 250 Personen teil. Die einzelnen Panels werden ab Mitte nächster Woche unter SWR.de/Medienforum zur Verfügung gestellt.

Quelle: SWR

Wie partizipieren Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesellschaft, ihren Bildungs- und anderen Angeboten? Wo verorten sie sich selbst? Und wie setzen Medien Teilhabe um? „Wir wollen die Vielfalt der Gesellschaft abbilden – in unseren Angeboten, aber auch als Arbeitgeber vor und hinter Kamera und Mikrofon“, begrüßte SWR-Intendant Kai Gniffke die Teilnehmenden. „Unser vielfältiges Programm braucht vielfältige Teams. Deshalb sollen künftig 25 Prozent aller Kolleginnen und Kollegen in den Moderationsteams, in der Ausbildung, im journalistischen Volontariat und in den Nachwuchsprogrammen für Führungskräfte eine Einwanderungsbiografie haben.“

Spannende Inputs, intensiver Austausch

Wenn sie Menschen mit Migrationshintergrund in den Medien sehe, freue sie sich jedes Mal, betonte Rudaba Badakhshi vom Migrantinnendachverband DaMigra. Das zeige schon, dass es noch immer ungewohnt sei. Um in vielfältigen Perspektiven berichten zu können, so Badakhshi, brauche es Zeit für sorgfältige Recherche, entsprechende Ressourcen und Strukturen. Perla Londole von der Black Community Foundation Mainz erzählte, wie es sie anfangs verunsichert habe, wenn sich Leute über ihre Pläne Jura zu studieren gewundert hätten. Damit zeigten sie, dass sie schwarzen Menschen weniger zutrauten. Diese Verunsicherung teilten viele Leute mit Migrationshintergrund. Für Bühnenpoet Dalibor Marković ist klar, dass wir „davon wegkommen müssen, Identität als etwas Statisches oder auf die Vergangenheit Bezogenes zu betrachten“. Identität sei vielmehr im Wandel und Vielfalt ein Teil der deutschen Identität.

Der Weg zum Aufstieg

Muhterem Aras, die Präsidentin des Landtages Baden-Württemberg, kam mit 12 Jahren aus Ostanatolien nach Deutschland. Sie wurde gleich in die 5. Klasse eingeschult, obwohl sie kein Wort Deutsch sprach. „Ich bin froh, wo ich heute bin, aber ich habe mir alles erarbeitet. Es ist wichtig auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden.“ Sylvie Nantcha zog mit 17 Jahren aus Kamerun nach Freiburg. Beim Medienforum schildert sie, wie sie sich durch das deutsche Universitätssystem kämpfen musste, aber immer wieder Menschen fand, die ihr halfen. Sie provomierte im Fach Germanistik und ist heute CDU-Politikerin sowie Vorsitzende von The African Network in Germany. Eine vorbildliche Praxis in der Wirtschaft beschrieb Marketingfachmann Salvatore Ruggiero: Die Schott AG schaue inzwischen bei Bewerbungsverfahren ganz anders auf den Lebenslauf. Teamgeist, aber zum Beispiel auch ehrenamtliches Engagement zählten ebenso viel wie das Abschlusszeugnis.

 Quelle: SWR

Mehr Vielfalt in den Medien

Regisseur Dieu Hao Do betonte: „Es gibt eine Vielfalt von Menschen, die vor und hinter der Kamera stehen könnten, nur wo sind sie?“ Menschen aus der Mehrheitsgesellschaft seien gefragt, die anderen miteinzubinden. „Wir haben so lange gewartet und gehofft, dass man Dinge für uns macht“, gab der schwarze Schauspieler Eugene Boateng selbstkritisch zu bedenken. „Und wenn man Dinge für uns macht, dann meckern wir, dass sie nicht richtig gemacht sind.“ Deshalb plädierte Boateng dafür, eigene Projekte zu machen, so kämen authentische Geschichten heraus. „Es war wichtig, dass wir auch in der Comedy Rassismus ansprechen, weil wir damit ein massives Thema haben“, fügte Idil Nuna Baydar hinzu, die durch ihre Kunstfigur Jilet Ayşe, eine 18jährige Kreuzberger Türkin, bekannt wurde.

Teilhabe von Geflüchteten

Menschen, die seit 2015 zu uns geflüchtet sind, stünden den demokratischen Werten und Geschlechtervorstellungen der deutschen Gesellschaft näher als den Vorstellungen derer, die in ihren Herkunftsländern geblieben sind. Das ergab eine Langzeitstudie, die Dr. Yuliya Kosyakova vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vorstellte. Leichte Unterschiede fand die Untersuchung nur in der Sexualmoral oder Einstellung zur Prostitution, wo Geflüchtete konservativere Einstellungen vertraten. Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold, analysierte in der anschließenden Diskussion: „Wir waren in unserem Selbstverständnis lange kein Einwanderungsland, obwohl wir es de facto waren, von den Fakten überholt wurden.“ Dadurch sei viel Zeit verloren gegangen. Nachdem schließlich politische und rechtliche Konsequenzen gezogen wurden, komme es nun darauf an, den Schwerpunkt auf die Begleitung von Geflüchteten zu legen und soziale Bindungen herzustellen.

Digitale Ausstellung „Meine kleinen Schätze – Geschichten von Migration“

Weitere Eindrücke bietet eine virtuelle Ausstellung, bei der sich Menschen mit Einwanderungsbiografie mit selbst gewählten Gegenständen fotografieren ließen. In Texten, Interviews oder Videos erzählen sie ihre persönliche Migrationsgeschichte. Anna Koktsidou, die SWR-Beauftragte für Vielfalt und Integration und Marie-Christine Werner von SWR2, haben die Ausstellung am zweiten Tagungstag eröffnet. Darin präsentieren sich Menschen, deren Wurzeln in der Türkei, in Griechenland oder Spanien liegen. Der Grund: 2021 jährt sich das Anwerbeabkommen mit der Türkei zum 60. Mal, 2020 waren die Jubiläen der Abkommen mit Spanien und Griechenland. Ebenfalls präsent sind Menschen, die vor Krieg, Not oder Diskriminierung fliehen mussten. Andere, weil sie hier studieren wollten. Sie alle leben heute im Sendegebiet des SWR und machen die Vielfalt im Alltag aus. Zu sehen ist die virtuelle Ausstellung unter folgendem Link: swr2.de/kleineschaetze

Medienforum Migration gibt seit Jahrzehnten wichtiger Impulse

Das Medienforum Migration hat sich in den gut 30 Jahren seines Bestehens zu einer der größten Fachtagungen im Themenbereich Migration und Medien entwickelt. Alle zwei Jahre bringt der SWR in Stuttgart Medienschaffende, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Kultur, Migrantenorganisationen und interessierten Bürgerinnen und Bürger zusammen, um über aktuelle Entwicklungen zu sprechen.

Weitere Informationen finden Sie unter: http://swr.li/medienforum-migration

AfrikaPlus

Diese Woche fand der zweite Teil der Vorstellung des Projekts AfrikaPlus mit den Rückkehrberatungsstellen in Baden-Württemberg statt, bei welchem 22 Teilnehmer*innen beiwohnten. Nachdem Frau Nantcha die Präsentation und Herr Ngandou einzelne Fallbeispiele vorstellten, hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Fragen zu stellen und ihre eigenen Wünsche und Bedarfe zu äußern, wie und in welchem Rahmen das Team von AfrikaPlus sie besser unterstützen könnten. Es gab erneut einige Fragen zur Beschaffung von Passersatzpapieren oder auch Fragen spezifisch zu den Pilotländern. Eine Frage lautete, ob es die Möglichkeit gebe, die Zielländer auszuweiten, da es in unterschiedlichen Bundesländern auch unterschiedliche Bedarfe gebe. Es gibt viele Ausreisepflichtige auch aus Gambia oder Senegal, die diese Unterstützung benötigen. All diese Rückfragen zeigen, wie wichtig das Projekt AfrikaPlus, das von BAMF gefördert wird, ist, sowohl für die Betroffenen als auch für die Rückkehrberatungsstellen. Die Mitarbeiter*innen von AfrikaPlus arbeiten hoch engagiert daran, freiwillige Rückkehrer*innen zu betreuen und zu unterstützen, um den gesamten Prozess der Rückkehr – einschließlich der Vorbereitung, Durchführung und Reintegration – so angenehm wie möglich zu gestalten.

Demokratie Leben

Im Projekt Demokratie Leben, das vom Bundesfamilienministerium gefördert wird, wurde die erste Phase der Auswertung der Interviews gerade beendet und die zweite Runde hat schon begonnen! Parallel dazu läuft aktuell eine Abfrage von demographischen Daten, Zahlen und Fakten zu Menschen mit Afrikanischen Wurzeln bei den beteiligten Kommunen.

Am Dienstag, den 22.06.2021, fand das Fachforum Demokratie Leben, das vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) organisiert wurde, statt. Es fand ein Fachaustausch zu Chancen intersektionaler Ansätze für die rassismuskritische und diskriminierungssensible Arbeit statt. Als interne Fachveranstaltung erfolgte ein Austausch für Kompetenzzentren und –Netzwerke mit bundesweiten Modellprojekten, die sich mit den Themen Rassismus und Diskriminierung, sowie mit Demokratie und Vielfaltgestaltung beschäftigen.

In den Diskussionen wurden Überlegungen zu folgenden Leitfragen geteilt:

    • Welche Verbesserungsvorschläge mit Blick auf Intersektionalität ergeben sich

  • a) für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“
  • b) für Ihre eigene Projektarbeit?

    • Wie können Schutz- und Empowermenträume für Minority Groups geschaffen werden?

Gesundheitsfachtagung

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland plant eine Gesundheitsfachtagung zum Thema „Gesundheit & Migration: Themenschwerpunkt COVID-19“ mit Vertreter*innen aus Migrantenselbstorganisationen, Institutionen und Expert*innen im Bereich Migration und Gesundheit.

Die Fachtagung findet am 29. Juni 2021als Online-Veranstaltung statt. Ab 14.45 Uhr wird auch Frau Dr. Sylvie Nantcha Teil des Podiums sein.

Ziel der Tagung ist es, gemeinsam mit relevanten Akteuren die wichtigsten Themen und Lösungen zur Bekämpfung der Pandemie zu diskutieren und weiterzuentwickeln.

Es sollen gemeinsam Konzepte erarbeitet werden, um die zukünftige Zusammenarbeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachtagung zu verbessern. Gleichzeitig sollen Strategien entwickelt werden, die es ermöglichen, Migrant*innen direkt zu erreichen und sie mit vorhandenen Informationsmaterialien vertraut zu machen.

Bitte melden Sie sich bis zum 26. Juni 2021 hier zur Fachtagung an: https://bagiv.de/anmeldung/

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche, genießen Sie das Wetter und bleiben Sie weiterhin gesund.

Dr. Sylvie Nantcha

Bundesvorsitzende von TANG